Viele Familien mit Nachwuchs fragen sich, ob sich eine Familienhaftpflichtversicherung lohnt.
In welchen Fällen ist die Familienhaftpflicht geeignet? Und für welche Schäden kommt die Familienhaftpflichtversicherung auf? Welche Kosten werden dabei übernommen? Wie können die Kleinen mitversichert werden? Diese und viele weitere Fragen sollen in diesem Ratgeber beantwortet werden.
Die Aufsichts- und Haftplicht der Eltern
Fast jede Familie mit Nachwuchs kennt das Problem. Kinder spielen draußen und sind manchmal einfach unachtsam. Sie können gerade in jungen Jahren Gefahren und Risiken nicht richtig einschätzen. Schnell ist ein Schaden verursacht. Ob beim Fußball spielen, Fahrrad fahren oder sonstigen Aktivitäten, schnell ist der Schaden hoch. Und Eltern haben die Verantwortung und haften für ihre Kinder. Sie unterliegen der sogenannten Aufsichtspflicht. Sie sind dafür verantwortlich, dass ihre Töchter und Söhne keinen Schaden anrichten. Dies gilt für Sachen, aber auch dritte Personen. Diese Haftpflichtversicherung gilt bis zur Erreichung der Volljährigkeit der Kinder.
Der Schadenersatz
Eine Person schädigt eine andere Person. Dabei kann es sich um einen physischen Schaden an Leib und Leben einer Person handeln, ein sogenannter Personenschaden. Außerdem zählt auch die Schädigung eine im Besitz einer Person befindlichen Sache, der sogenannte Sachschaden, oder auch ein Vermögensschaden dazu. Unter einem Schadenersatz versteht sich dabei die Wiedergutmachung des entstandenen Schadens. Dabei muss der entstandene Schaden in der vollständigen Höhe ersetzt werden. Das Gesetz gibt hier keine festgeschriebene Obergrenze vor. Somit haftet der Schädiger beziehungsweise die Eltern der Kinder, die den Schaden angerichtet haben, mit seinem gesamten Vermögen. Dabei steht schnell der finanzielle Ruin bevor. Deshalb ist eine Haftpflichtversicherung in jedem Fall sinnvoll.
Doch was ist überhaupt eine Familienhaftpflichtversicherung?
Zunächst ist eine Haftpflicht allgemein eine Kurzform für eine Versicherung, die privat abgeschlossen werden kann. Diese übernimmt Schadenersatzforderungen von Dritten bis zu einer bestimmten vereinbarten Höhe für die Versicherungsnehmer. Unter einer Familienhaftpflichtversicherung versteht sich eine private Haftpflichtversicherung, die für alle Personen, die in einem Haushalt leben, aufkommt. Das bedeutet, dass die Familienhaftpflichtversicherung für den finanziellen Schaden aufkommt, den eine Person aus dem Haushalt, egal ob Eltern oder Kinder, einer anderen dritten Person oder fremdem Eigentum zugefügt hat.
Wer kann alles in der Familienhaftpflichtversicherung mitversichert werden?
Das Gute an einer Familienhaftpflichtversicherung ist, dass diese die Versicherung der ganzen in einem Haushalt lebenden Familie abdeckt. Somit muss nicht jedes Familienmitglied eine eigene Versicherung abschließen. Die Familie zählt hier als ein Versicherungsnehmer. Die Haftpflichtversicherung übernimmt die Kosten für Schäden für den Versicherungsnehmer / die Versicherungsnehmerin, den Partner / die Partnerin in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft oder den Ehepartner / die Ehepartnerin sowie alle Kinder, die in demselben Haushalt leben. Bei einer Familienhaftpflichtversicherung wird hierbei auch nicht zwischen leiblichen, Adoptivkindern, Stiefkindern sowie Pflegekindern unterschieden. Hier werden alle gleichermaßen abgesichert.
Außerdem können in bestimmten Fällen sogar weitere im Haushalt lebende Personen versichert werden. Dies hängt allerdings vom Leistungsumfang der Familienhaftplichtversicherung ab. In manchen Fällen können nämlich auch Kindermädchen oder Au-pairs in der Familienhaftpflicht versichert werden. Teilweise können auch Geschwister der Eltern oder Großeltern in der Haftpflichtversicherung versichert werden. Dies ist allerdings meist nur bei alleinstehenden und unverheirateten Familienmitgliedern möglich. Ansonsten benötigen diese für ihre Schäden eine eigene Haftpflichtversicherung.
Wann endet der Versicherungsschutz der Tochter/des Sohnes in einer Familienhaftpflichtversicherung?
Der Versicherungsschutz bei einer Familienhaftpflicht endet im Normalfall dann, wenn die Nachkommen ihre Volljährigkeit erreichen und in finanzieller Hinsicht sich selbst versorgen können. Dies ist grundsätzlich dann der Fall, wenn die Kinder in das Berufsleben einsteigen. Bis zu diesem Zeitpunkt sind diese, da sie in der Haftpflicht der Eltern mitversichert sind, bei verursachten Schäden geschützt. Somit können Kinder, wenn sie volljährig sind aber finanziell noch nicht unabhängig sind, über die eigenen Eltern mitversichert bleiben. Dies gilt beispielsweise bei einem Studium, aber auch einer Berufsausbildung. Außerdem bleiben die Töchter und Söhne mitversichert, wenn sie zwischen dem abgeschlossenen Abitur beziehungsweise Fachabitur und der Ausbildung oder dem Studium einen einjährigen Bundesfreiwilligendienst ableisten.
Welche Voraussetzungen bestehen, um Kinder in der Familienhaftpflicht bei Ausbildung und Studium mitzuversichern?
Um auch während dem Studium oder der Lehre bei der Familie mitversichert zu bleiben, gibt es allerdings eine Voraussetzung. Das Studium oder die Lehre muss direkt im Anschluss an den Schulabschluss aufgenommen werden. Auch bei einer Arbeitslosigkeit unmittelbar nach der Ausbildung können die Mitversicherten bei der Versicherung, in den meisten Fällen bis maximal ein Jahr, mitversichert bleiben. Voraussetzung ist dabei allerdings, dass das arbeitslose Kind unter 30 Jahre alt ist und noch bei den Erziehungsberechtigten wohnt. Bei üblichen Wartezeiten, beispielsweise zwischen dem Abitur und dem Beginn eines Studiums, können Kinder ebenfalls in der Familienhaftpflicht als Versicherungsnehmer mitversichert werden. Nehmen die Tochter oder der Sohn allerdings eine längere Auszeit, zum Beispiel ein Auslandsaufenthalt als Au-Pair, können diese nicht mehr mitversichert bleiben und müssen sich selbst absichern. Die Familienhaftpflicht endet ebenfalls, wenn die mitversicherten Kinder heiraten. Ab diesem Zeitpunkt müssen diese selbst eine private Haftpflichtversicherung abschließen. Sie stehen in der eigenen Verantwortung. Dies gilt auch dann, wenn die Nachkommen noch studieren oder eine Ausbildung absolvieren.
Wie ist der Versicherungsschutz? Welche Schäden werden bei einer Familienhaftpflicht übernommen?
Die Familienhaftpflicht übernimmt, wie eine normale private Haftpflichtversicherung, unterschiedliche Schäden. Dabei ist die genaue Ausgestaltung abhängig von jeweiligem Versicherer. Diese unterscheiden sich im Umfang der Leistungen bis hin zur Höhe der Versicherungssumme stark. Um möglichst alle Schäden wie Personenschäden, Sach- und Vermögensschäden abzudecken, sollte für die Versicherungsnehmer eine hohe Versicherungssumme gewählt werden. Dabei sollten in der heutigen Zeit von teuren medizinischen Behandlungen und therapeutischen Maßnahmen mindestens fünf Millionen Euro abgesichert sein. Dieser Wert sollte in einer guten Familienhaftpflichtversicherung nicht unterschritten werden. Außerdem sollte die Versicherungssumme als Pauschale für Sach-, Vermögens- und Personenschäden vereinbart werden, damit im Schadenfall die Auszahlung der vollen Versicherungssumme für die Versicherungsnehmer gewährleistet ist.
Welche Schäden werden in der Familenhaftpflicht nicht übernommen?
Generell sind nur die Schäden versichert, die von Familienmitgliedern anderen, dritten Personen zugefügt werden. Das heißt, Schäden, die innerhalb der Familie entstehen, sind mit dieser privaten Haftplicht nicht versichert. Die Familienhaftpflicht greift also nicht innerhalb der Familie ein. Auch Schäden, die vorsätzlich vorgenommen wurden, werden von der Haftpflichtversicherung natürlich nicht übernommen. Außerdem gibt es Sonderfälle, wenn die Kleinen Deliktunfähige sind.
Sonderfall Deliktunfähige
Ein besonderer Fall sind delitkunfähige Kleinkinder unter sieben Jahren. Grundsätzlich gilt zwar nach § 823 BGB, dass der Verursacher für den entstandenen Personen-, Sach- oder Vermögensschaden aufkommen muss. Bei Kindern wird allerdings in Deutschland angenommen, dass sie, sofern sie unter sieben Jahre alt sind, die Auswirkungen ihres Handelns nicht richtig abschätzen können. Sie gelten als Deliktunfähige. Die Grenze wird sogar auf zehn Jahre bei Schäden im Verkehr angehoben, dazu auch mehr im § 828 BGB. Liegt eine Deliktunfähigkeit vor, wird das Verschulden der Erziehungsberechtigten geprüft. Wenn die Eltern dann allerdings ihre Aufsichtspflicht nicht verletzt haben, hat die geschädigte Person keinen Anspruch auf einen Schadensersatz. Sind die Eltern also ihrer Aufsichtspflicht nachgekommen und haben alles richtig gemacht, kann das Versicherungsunternehmen einen unberechtigten Anspruch abwehren und muss für den Schaden nicht zahlen. Es gilt nämlich: Das Kind ist nicht zum Schadensersatz verpflichtet. Außerdem haften die Eltern in diesem Fall mangels Verschuldens auch nicht.
Was kostet eine gute Familienhaftpflichtversicherung?
Eine gute Familienhaftpflicht wird nicht immer hohe Kosten verursachen. Oft genügt ein Basisschutz. Dieser bietet eine solide Grundabsicherung. Dieser Basisschutz kostet für die Eltern sowie ein einzelnes Kind um die 55 € aufwärts pro Jahr. Durch die Wahl weiterer zusätzlicher Leistungen können höhere Kosten entstehen. Diese können je nach Bedarf dazu gebucht werden. Allerdings kann durch Einbau von einer Selbstbeteiligung und der Auswahl einer längeren Laufzeit bei der Familienhaftpflicht gespart werden. Es lohnt sich jedenfalls immer mehrere Angebote zu vergleichen und so den optimalen Versicherungsschutz zu finden. Bei einem anderen Anbieter kann derselbe Schutz oft viel günstiger zu bekommen sein. Oder der andere Anbieter bietet einen viel umfassenderen Versicherungsschutz mit mehr Leistungen für dieselbe Prämie.
Welche Zusatzleistungen können sinnvoll sein?
Zusatzleistungen sollten je nach Einzelfall hinzugebucht werden. Im Folgenden werden Zusatzleistungen, die sinnvoll sein können, übersichtlich aufgelistet:
- Mietsachschäden
- Schlüsselverlust
- Schäden durch Internetnutzung und Datenaustausch
- Babysitting
- Hüten fremder Tiere
- Forderungsausfalldeckung
Die Abdeckung von Mietsachschäden und Schlüsselverlust ist vor allem dann sinnvoll, wenn die Familie in einer Mietwohnung wohnt. Die Abdeckung von Schäden durch Internetnutzung und Datenaustausch sowie der Forderungsausfalldeckung ist bei allen Familien sinnvoll. Familien, die gelegentlich babysitten oder auf fremde Hunde aufpassen, sollten auch ebenfalls diese Schäden versichern.
Kurz zusammengefasst
Bei Familien mit Nachwuchs entsteht bei Spaß und Spiel schnell ein Schaden. Die Kosten für den Schadensersatz können sehr schnell sehr hoch ausfallen und die Familie in den Ruin treiben. Hier kann eine Familienhaftpflicht eingreifen. Diese sollte im Optimalfall mindestens fünf Millionen Euro Schaden abdecken. Die Familienhaftpflicht deckt alle Schäden, die außerhalb des Haushalts angerichtet werden, bei denen dritte, unbekannte Personen beteiligt sind ab. Der Versicherungsschutz gilt in der Regel für alle im Haushalt lebenden Personen, also Ehepartner beziehungsweise Lebensgefährten plus Nachkommen und Großeltern.
Nicht versichert sind Schäden, die Familienmitglieder im eigenen Haushalt verursacht haben oder Schäden, die durch einen Vorsatz verursacht wurden. Ausnahmefälle gibt es vor allem, wenn Deliktunfähige einen Schaden verursachen. Hier muss bei Einhaltung der Aufsichtspflicht, kein Schaden bezahlt werden. Um die Kosten für die Versicherung möglichst gering zu halten, sollten folgende vier Tipps beachtet werden:
- Soliden Basisschutz wählen
- Mehrere Angebote vergleichen
- Eine längere Laufzeit ab zehn Jahren vereinbaren
- Eine Selbstbeteiligung mit einbauen
Weitere Informationen:
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