Kinder reagieren meist sehr emotional. Zum Beispiel werden Ängste als konkrete Bedrohung vor dem inneren Auge visualisiert und im selben Moment als Gefühl wahrgenommen, selbst wenn die tatsächliche oder vermeintliche Bedrohung noch in weiter Ferne ist. Um dieses Angstgefühl auszulösen, genügen oft schon bestimmte Reizwörter oder Reizbilder, die im Zusammenhang mit einer entsprechend negativen Erfahrung stehen können.
Schlechte oder auch gute Erfahrungen stellen selbst schon für Kleinkinder die Basis für die Ausbildung der Ratio, des Verständnisses für die Umwelt, dar. Allerdings benötigt diese Ausbildung mehrere Jahre, die Zeit des Heranwachsens, wobei die Art des Lernens und Verstehens bei jedem Kind unterschiedlich ausgeprägt sind. Einen allgemeinen Schlüssel für den Umgang mit Ängsten wie eben der Zahnarztangst (Dentalphobie) gibt es nicht.
Angst als Schutzfunktion
Angst bei Kleinkindern ist zunächst einmal eine Schutzfunktion der Natur, die genauso hilft zu überleben, wie das Hungergefühl eines Babys, das zu Schreien oder zu Weinen beginnt, wenn es gefüttert werden möchte. Das Angstgefühl ist zunächst unkonkret und bestimmt sich schon sehr früh aus der Umgebung. Kleinkinder, die in einem allgemein lauten Umfeld aufwachsen, beispielsweise mit mehreren Geschwistern, reagieren auf laute Geräusche gelassener als Einzelkinder in einem sonst ruhigen Haushalt. Erfahrung ist folglich schon sehr früh der beste Weg, um Ängste nicht entstehen zu lassen.
Natürlich lassen sich schlechte Erfahrungen nicht immer vermeiden und zu einer guten Erziehung gehören sie auch dazu, denn nur so kann das heranwachsende Kind Vergleiche ziehen und Gut und Schlecht zueinander abwägen. Wenn sich eine Zahnarztangst bei eurem Kind herausgebildet hat, ohne dass es vorher zu einer körperlich negativen Erfahrung kam, so liegt es schlicht an fehlenden Erfahrungswerten. An diesem Punkt sind die unterschiedlichen Charaktere von Kindern ausschlaggebend. Das eine Kind besitzt eine ausgeprägte Neugier, während das andere Kind gegenüber fremden Dingen und Umgebungen zurückhaltend und vorsichtig reagiert. Wenn ihr also ein eher schüchternes Kind nur unregelmäßig zum Zahnarzt bringt, erfährt es in der Regel ein neues Umfeld, das seiner gewohnten Umgebung völlig widerspricht. Die Gerüche und Geräusche sowie der optische Eindruck bedeuten für ein zurückhaltendes Wesen oftmals erst einmal Gefahr.
Zahnarztangst ist universell
Auch wenn euer Kind sehr neugierig ist, kann sich eine Zahnarztangst ohne konkreten Anlass ausprägen, denn Neugierde sollte nicht mit emotionaler Unempfindlichkeit verwechselt werden. Gerade aufgeweckte und neugierige Kinder lassen sich von kurzen Momentaufnahmen beeindrucken, die viele Erwachsene gar nicht wahrnehmen. Das kann in einer Zahnarztpraxis beispielsweise Blut an einem Tuch oder einem Instrument sein. Hier stellt euer Kind eine Verknüpfung mit anderen Erfahrungswerten her, wenn es sich etwa vorher einmal geschnitten oder gestochen hat. Die Auslöser können minimal sein und führen häufig zu einer Angst vor dem Zahnarztbesuch.
Das Schlimmste, was einem Kind passieren kann, ist eine unvorbereitete Zahnbehandlung oder auch nur eine unvorbereitete Zahnvorsorgeuntersuchung, ohne dass vorher schon einmal Kontakt aufgenommen wurde. Natürlich ist ebenso der Umgang des Praxispersonals und des Zahnarztes mit dem kleinen Patienten ausschlaggebend, wobei ein allgemein freundliches Klima und eine moderne Praxisausstattung mit speziellen Dentalgeräten sehr hilfreich sind, um Ängste nicht aufkommen zu lassen oder schnell zu besänftigen. Leider noch oft angewendete „Hau-drauf-Methoden“ mit Zwang und Bestrafung sollten vermieden werden, genauso wie die Auswahl des Zahnarztes nicht dem Zufall überlassen werden sollte.
Schonende Vorbereitung bedeutet Vorsorge fürs Leben
Wie bereits angeführt, sind schlechte Erfahrungen zur Ausbildung des Charakters wichtig. Eine frühzeitige schlechte Erfahrung beim Zahnarzt jedoch kann eine lebenslange Prägung mit fatalen Folgen nach sich ziehen. Es geht hierbei nicht darum, eurem Kind zu beweisen, dass unter dem Bett kein Monster haust. Es geht um etwas, dass euer Kind und den späteren Erwachsenen das ganze Leben begleitet, entweder im Guten mit regelmäßigen, freiwilligen Zahnarztbesuchen und einem daraus resultierendem guten Gebiss oder mit einer ewigen Angst mit Karies, Parodontose, Zahnausfall und durchaus auch sozialer Ausgrenzung.
Ihr solltet Kinder so früh wie möglich an „ihren“ Zahnarzt oder ihre Zahnärztin und die Praxis gewöhnen. Soweit es geht, könnt ihr als Eltern hierbei als Vorbilder fungieren und den Kindern zeigen, dass Ängste vor dem Zahnarzt unbegründet sind. Geht ihr selbst zum Zahnarzt zu einer Vorsorgeuntersuchung, sollte das Kind ruhig mitgenommen werden, auch wenn es nicht behandelt wird. So hat es in Ruhe Zeit, sich alles anzuschauen und sich mit den Räumlichkeiten vertraut zu machen. Die Praxis sollte idealerweise zum gewohnten Umfeld werden, wobei eine kindgerechte Ausstattung mit Spielzeugen über einige Befürchtungen des Kindes durch Ablenkung hinweghelfen. Wenn ihr als Eltern dann immer in der Nähe seid, kommt es frühzeitig zu positiven Erfahrungen, die ein Leben lang bestehen bleiben. So entsteht erst gar keine Angst vor dem Zahnarzt, welche häufig weitreichende Folgen für das ganze Leben haben kann.
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