Typisch: Mädchenspielzeug und Jungsspielzeug

Beim Betreten des Spielzeugladens taucht der Kunde in eine Welt von Geschlechterklischees ein. Alles ist wie im türkischen Hamam nach Geschlechtern getrennt. Die Spielzeuganbieter bemühen sich geschlechtsspezifisches Spielzeug zu modifizieren und zu ergänzen. Für Jungs werden Puppen in Form von Actionfiguren angeboten und für Mädchen gibt es Lego. Wenn wundert es da, dass sich der ein oder andere Elternteil, in Zeiten der Gleichberechtigung der Geschlechter, auf dem Schlips getreten fühlt.

 

Was ist typisches Jungsspielzeug?

Für Jungs wird sämtliche Art von Spielzeug angeboten, was mit Konstruieren, Kaputtmachen, Kämpfen und Schießen zu tun hat. Marktforscher sind davon überzeugt, dass bei Jungs dadurch ein „Baller- und Schieß-Gen“ entsteht. Spiele mit Waffen wurden jedoch bereits vor Hunderten von Jahren praktiziert. Bei den Jungs sind das Ritterschloss, die Polizeistation und die Feuerwehr Verkaufsschlager unter den Spielzeugwaren.

 

Was ist typisches Mädchenspielzeug?

Bei den Mädchen hingegen geht es ums Kümmern, Füttern, Pflegen und Sorgen, in der Marktforschung wird diese Art des Spielens auch als „Plüschtier-Gen“ bezeichnet. Kritiker mahnen, dass Kinder dadurch in eine gesellschaftliche Rolle gedrängt werden. Das Prinzessinnenschloss und der Reiterhof erfreuen sich bei Mädchenspielzeugen besonderer Beliebtheit und natürlich gehört auch die Barbie dazu.

 

Ist geschlechtsspezifisches Spielzeug gut oder schlecht?

Aus unserer Sicht ist der Einfluss des geschlechtsspezifischen Spielzeuges nicht immer gut. Die Genderexpertin Frau Prof. Kreienbaum ist davon überzeugt, dass die Dinge mit denen Kindern spielen einen Einfluss auf das spätere Leben haben. Die Kinder werden dadurch in gesellschaftliche Rollen gedrängt. Die Spielindustrie verkörpert so beispielweise Mädchen nicht viel mehr Spielangebote als sich schön zu machen und häuslich zu sein. Lego hat 2014 erstmals eine Kollektion mit drei Wissenschaftlerinnen herausgebracht, eine Chemikerin, eine Paläontologin und eine Astronomie-Professorin. Das Set war innerhalb von drei Tagen ausverkauft. Diese Reaktion zeigt, dass Eltern einen Wandel bei der Darstellung des Spielzeuges wünschen. Doch die Lobbyisten der Spielzeugindustrie kämpfen dagegen an. Denn für die Industrie hat das geschlechtsspezifische Spielzeug einen großen Vorteil, Anziehsachen und Spielzeug können unter nicht gleichgeschlechtlichen Geschwistern nicht „vererbt“ werden, Eltern müssen alles doppelt kaufen. Das Lego-Set mit den drei Wissenschaftlerinnen ist leider nur ein kleiner Tropfen auf den heißen Stein.

 

Wie spielen Jungs?

Jungsspielzeuge müssen das Bedürfnis nach „weiterkommen“ befriedigen. Jungs sind im Vergleich zu Mädchen im Spielverhalten eher statusgetrieben und wettbewerbsorientiert.

 

Wie spielen Mädchen?

Beim Spielen wollen Mädchen Stabilität und eine sichere Zukunft, sie spielen lange in einem konsistenten Zustand. Beispiele dafür sind das Bauernhof- und Vater-Mutter-Kind Spiel. Mädchen spielen viel integrativer und beziehungsorientierter als Jungs, sie spielen gern miteinander in Rollenspielen.

 

Unterschied früher und heute

Heute wie früher haben immer noch eine geringe Anzahl der Mädchen Interesse an technischen Berufen, auch der von der Bundesregierung geförderte „Girls Day“ hat hier nicht den gewünschten Effekt erzielt. Der Kommunikationswissenschaftler Axel Dammler stellt die These auf, dass diese Wirkung auch erst eintritt, wenn Werkstätten, Maschinenbau und Ingenieurberufe mit der Farbe rosa werben. Nicht nur Mädchen haben bedingten Zugang zu bestimmten Berufen, das ist auch bei Jungs der Fall, so ist auch heutzutage der Anteil in sozialen Berufen (Kindergärtner, Hebammen, etc.) noch sehr gering (siehe Statistik).

Infografik: Frauendomänen – Männerdomänen | Statista

 

Gesellschaftskritik: viele Mütter fühlen sich angegriffen

Eltern fühlen durch genderspezifisches Spielzeug ihre Kinder in vorgefertigte Rollen gepresst. Doch in ihrer Wut über die Trennung nach Jungsspielzeug und Mädchenspielzeug dürfen die Eltern nicht vergessen, dass ihre Kinder in der Gruppe keine Individualisten sein wollen, sondern dazu gehören möchten. Eltern sollten deshalb bei der Wahl des Spielzeuges nicht ständig den Kampf gegen rosa und blau aufnehmen, dabei geht oft zu viel wertvolle Zeit darauf, die mit dem Kind beispielweise besser auf den Spielplatz oder im Zoo, fernab von Spielzeug und Kinderzimmer, verbracht werden kann.

 

Fazit

Kinder lernen erst circa im Alter von vier Jahren, dass es zwei Geschlechter gibt (Studien zufolge). Ist es demnach in Ordnung, wenn der Junge nach dem Plüscheinhorn greift und das Mädchen nach dem Hubschrauber? Eltern wissen, dass Andersartigkeit meist Ausgrenzung nach sich zieht. Kinder versuchen das intuitiv zu vermeiden und greifen nach geschlechtsspezifischem Spielzeug, schließlich wollen sie zu der Gruppe dazu gehören. Geschlechtsstereotypen werden nicht nur durch die Eltern, Bekannte und Verwandte vermittelt, sondern hauptsächlich durch das Spielen mit anderen Kindern. Deshalb müssen Eltern Ihre Kinder in Ihren Vorlieben und Interessen unterstützen. Es ist keine Option rosa oder blaues Spielezeug zu boykottieren und immer nur nach geschlechtsneutralem Spielzeug Ausschau zu halten. Für die Vermittlung der richtigen Werte in der Kindererziehung, ist auf ein gesundes Mittelmaß zu achten. Den Kindern sollte das Gefühl vermittelt werden, dass im Kinderzimmer alles erlaubt ist, egal ob rosa oder blau – erst dann sprechen wir von einer guten Erziehung. Übrigens bieten inzwischen die ersten Hersteller genderneutrale Spielzeugkataloge an.

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