Die Bindungstheorie: Eltern-Kind-Beziehung

Die Bindungstheorie befasst sich mit der Bindung zwischen Kind und Eltern. Sie ist vor allem auf die Entwicklung des kindlichen Denkens, Fühlens und Handelns und ihrem Zusammenhang mit dem Verhältnis der Bezugspersonen zum Kind fokussiert – der Eltern-Kind-Beziehung. Die Erziehungsstile stehen dabei stets im Betrachtungsfokus. Die Theorie stammt von John Bowlby, einem britischen Kinderpsychiater und Mary Ainsworth, einer US-amerikanischen Psychologin. Außerdem half der Psychoanalytiker James Robertson entscheidend bei der Begründung der Bindungstheorie, die von der Psychoanalyse von Sigmund Freud – der Triebtheorie – abweicht. Entscheidend dabei ist die Reaktion der Bezugspersonen auf Wut, Trauer und andere negative Emotionen des Kindes.

 

Wie wird Bindung genau definiert?

Der Mitbegründer der Bindungstheorie, John Bowlby, definierte das Wort „Bindung“ (englisch: attachment) 1982 wie folgt: „Bindung ist die menschliche Fähigkeit, Sprache und auch andere Symbole zu gebrauchen, sowie sein Vermögen, auch Pläne und Modelle zu entwickeln, oder eine lang andauernde Zusammenarbeit mit anderen und endlose Konflikte einzugehen, dies macht den Menschen zu dem, was er ist. All diese Prozesse haben ihren Ursprung in den ersten drei Lebensjahren“

Die Bindungen bilden bei der Bindungstheorie die Grundlage für die Beziehungen der Menschen untereinander und sind in den Gefühlen verwurzelt. Dieses dem Menschen angeborene Bindungsverhalten stellt das Überleben jedes Menschen sicher. Ein typisches Beispiel dafür ist das Schreien des Neugeborenen. Damit sind schon Säuglinge in der Lage, ihre jeweiligen Bezugspersonen beziehungsweise Bindungspersonen zu erkennen und von diesen die Erfüllung ihrer Bedürfnisse zu verlangen. Hier kommt es nun entscheidend darauf an, wie das Bindungsverhalten von Kindern durch persönliche Erfahrungen beeinflusst wird. Sie machen schließlich Erfahrungen mit ihren Bezugspersonen und richten ihre Erwartungen danach aus.

 

Die unterschiedlichen Rollen der beiden Elternteile

Die Bindungstheorie ist eine psychologische Theorie, die aussagt, dass Menschen Bedürfnisse haben, die bereits angeboren sind. Die Theorie basiert auf einer emotionalen Sichtweise der frühen Eltern-Kind-Beziehung, insbesondere der Mutter-Kind-Beziehung. Vater und Mutter haben nach Ansicht der Psychologin Mary Ainsworth verschiedene Rollen. Die Bindung zur Mutter ist nach ihrer Ansicht wichtiger, als die zum Vater, wobei aber auch dieser eine wichtige Rolle spielt.

Ideal ist hier natürlich eine sichere Bindung zur Mutter. Diese Kinder schreien allerdings, sobald sie von der Mutter verlassen werden. Ansonsten nutzen sie die Zeit, um ihre Umgebung zu erkunden. Bei anderen Kindern allerdings besteht nur eine geringe Interaktion zur Mutter. Wenn die Mutter geht, dann reagieren diese Kinder kaum darauf und lassen sich hier schnell durch eine andere Person trösten. Sie haben eben gelernt, dass sie von ihrer Mutter kaum beachtet werden. Damit vermindern sie die Gefahr, dass ihre Bedürfnisse unbeachtet bleiben. Andere Kinder haben eine unsichere, ambivalente Bindung zur Mutter und weinen oder schreien, sobald diese weggeht. Bei ihrer Rückkehr wenden sich diese Kinder der Mutter zwar zu, sind gleichzeitig aufgrund der wechselhaften Zuneigung der Mutter aber auch sehr wütend. Im schlimmsten Fall kommt es aber auch zu einer sogenannten desorganisierten Bindung, wenn die Eltern gegenüber dem Kind gewalttätig geworden sind oder traumatische Erfahrungen gemacht haben. In diesen Fällen zeigen die Kinder oft ein desorganisiertes Verhalten, zum Beispiel durch ein Erstarren oder ein im Kreis-Drehen. Auch der Vater spielt für das Kind eine sehr wichtige Rolle. Er ist im Optimalfall ein guter Spielkamerad und fördert damit die Entwicklung des Kindes.

 

Bindungstypen bei Kindern

Das Bindungsverhalten bei Kindern ist sehr vielfältig, wird individuell unterschieden, jedoch heute in seiner Ausprägung in der Bindungstheorie meistens in vier Bindungsqualitäten eingeteilt.

Bindungstyp Verhalten des Kindes
Sichere Bindung Das Kind kann Distanz und Nähe zur Bezugsperson regulieren. Kinder weinen, sind irritiert und fühlten sich unwohl, wenn die Bezugsperson den Raum verlassen. Sie lassen sich jedoch von anderen Personen beruhigen und trösten, spielen mit ihnen und zeigen Freude.
Unsicher vermeidende Bindung Das Kind zeigt ein auffälliges Kontakt-Vermeidungsverhalten. Es beschäftigt sich lieber alleine mit Spielzeug. Verlässt die Bezugsperson den Raum, zeigt sich das Kind unbeeindruckt und ignoriert die Bezugsperson, wenn diese zurückkehrt.
Unsicher ambivalente Bindung Das Kind wirkt verunsichert, wenn die Bezugsperson den Raum verlässt. Durch Weinen oder gar gegen die Tür schlagen macht sich das bemerkbar. Das Kind ist durch andere Personen kaum zu beruhigen. Bei der Rückkehr der Bezugsperson zeigt das Kind anklammerndes und aggressiv-abweisendes Verhalten im Wechsel.
Desorganisierte Bindung Das Kind besitzt eine bizarre Verhaltensweise, wie Schaukeln, Erstarren, im Kreis-Drehen und zeigt ein desorientiertes Verhalten, was nicht auf eine Bezugsperson bezogen ist.

 

Auswirkung auf die Entwicklung des Kindes

Aus der Qualität der Bindung lassen sich bei der Bindungstheorie verschiedene Vorhersagen ableiten. Sicher gebundene Kinder zeigen in der Schule oder im Kindergarten ein besseres Sozialverhalten, haben mehr Phantasie bei freien Spielen, eine bessere Aufmerksamkeit und ein höheres Selbstwertgefühl. Außerdem zeigen sie weniger depressive Symptome. Häufig wird bei „Schwierigkeiten“ auch der Begriff „Bindungsprobleme“ verwendet.

Der Erziehungsstil ist neben der Aufmerksamkeit den Kindern gegenüber ein Ausschlaggebender Punkt bei der Entwicklung von Kindern und für die Mutter-Kind-Beziehung oder Vater-Kind-Beziehung. Der Erziehungsstil Attachment Parenting steht im Gegensatz zu den „altmodischen“ Methoden der Erziehung und soll die Eltern-Kind-Bindung in die richtige Bahn bewegen. In diese Richtung denkt auch Sabine Bohlmann bei ihrem „Mary-Poppins-Prinzip“. Weitere Erziehungsstile wären zum Beispiel:

Und was ist eigentlich die Rolle des Vaters? Vätern fehlt es häufig am nötigen Gespür. Wichtig ist es, die nötige Balance zwischen Unterstützung und Herausforderung zu finden. Werden Kinder vom Vater nicht ausreichend unterstützt, werden sie unsicher und ängstlich. Ein ausgewogener und sensibler Umgang mit den Kindern ist von Anfang an für die Eltern-Kind-Beziehung wichtig und dann ist es nicht mehr weit zur Supermama oder Superpapa und das Kind kann sich in einem stabilen Umfeld sicher bewegen und entwickeln.

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